Hallo,

alles ziemlich gute Fragen! Für mich ist es sehr aufbauend zu sehen, dass manche Anwender sich diese Funktionen genau ansehen, denn dahinter steckt eine Menge Arbeit - meinerseits aber insbesondere auch seitens des Verlags. Hier ein paar kurze Antworten:


> Wie kann es sein, dass bei Sätzen, die keine Vertonung haben, dennoch die Aussprache geübt werden kann?

Die Spracherkennung ist (seit Version 2) unabhängig von den Vertonungen. In Version 1 wurde tatsächlich noch die Aufnahme des Sprechers mit der des Anwenders verglichen; ab Version 2 funktioniert der Spracherkenner dagegen mithilfe von Phonemfolgen. Das Programm benötigt für ein Wort oder einen Satz also keine Beispielvertonung, sondern die zugehörige Lautschrift. Diese Zeichenfolge wird dem Spracherkenner übermittelt, so dass der weiß, was für Laute in welcher Abfolge erwartet werden. Die Erklärung im Hilfetext ist so gemeint, dass der Hersteller der Spracherkennung Sprachproben von vielen verschiedenen Muttersprachlern aufgenommen hat und daraus einzelne Phoneme isoliert und sozusagen "abstrahiert" hat. Daher "weiß" die Spracherkennung, wie ein "a:" oder ein "b" oder ein "ch" in der jeweiligen Sprache zu klingen hat und überprüft die Aufnahme des Anwenders dann darauf, ob 1. die erwartete Lautfolge überhaupt gesprochen wurde und 2. wie gut die gesprochenen Laute mit den Modell-Lauten übereinstimmen.

Programmintern wird das Ganze dadurch ziemlich kompliziert, dass es zu vielen Wörtern natürlich mehrere gültige und richtige Aussprachevarianten gibt. Der Spracherkenner erhält vom Vokabeltrainer daher genau genommen nicht nur eine Phonemfolge, sondern ein ganzes "Netz" von möglichen Varianten. Nochmals komplizierter wird es, wenn der Satz eine Klammer enthält, denn die kann der Anwender natürlich mitsprechen oder auch nicht; und bei mehreren Klammern im selben Satz multiplizieren sich die Varianten ...


> Klappt das auch, wenn ich eigene Beispielsätze reinschreibe?

Ja, solange diese Beispielsätze aus Wörtern bestehen, die dem Vokabeltrainer bekannt sind. Die Phonemfolgen sind (ähnlich wie die mitgelieferten Vertonungen) in einer sogenannten "Media-Sammlung" gespeichert (c:\Programme\Vokabeltrainer 3\Media\Phon-...). Das sind gewissermaßen Wörterbücher, in denen der Vokabeltrainer nachschlagen kann, ob zu einem Wort eine Phonemfolge vorliegt. Das deutsche "Phonem-Wörterbuch" hat gegenwärtig ca. 42.500 Einträge (teils Grundformen, teils flektierte Formen, Aussprachevarianten noch nicht mitgezählt); das englische gut 22.000 pro Dialekt (britisch / amerikanisch).

Zur Herstellung einer Phonemfolge zerlegt der Vokabeltrainer Ihren Satz in seine Einzelbestandteile (also Wörter) und versucht, möglichst viele Wörter aus der Media-Sammlung nachzuschlagen. Das liefert natürlich keine 100%ig perfekten Ergebnisse, denn manchmal beeinflusst ein Wort die Aussprache des darauffolgenden (vor allem im Französischen), und ganz extreme Aussprache-Abweichungen gibt es bei Zahlen - den Satz "Ich komme morgen um 15:30." spricht man eben nicht "Ich komme morgen um fünfzehn Doppelpunkt dreißig", sondern "Ich komme morgen um fünfzehn Uhr dreißig" oder gar "Ich komme morgen um halb vier", was natürlich nichts mehr mit den geschriebenen Zahlen zu tun hat. Wenn der Kontext der Punktstand eines Tennisspiels ist, wird "15:30" wieder ganz anders ausgesprochen ... Das kann ein Computer natürlich nicht wissen; für die mitgelieferten Sätze sind für diese Fälle daher auch ganze Sätze in der Phonem-Media-Sammlung hinterlegt.

Sie können die Lautschrift übrigens beim Vokabeltraining und bei der Eingabe auch auf dem Bildschirm anzeigen lassen - Näheres dazu finden Sie im Hilfetext unter dem Indexeintrag "Lautschrift-Symbol", Abschnitt "Lautschrift: eingeblendet / ausgeblendet".

Nebenbei bemerkt: Wenn man sich einmal vorstellt, was es für eine Arbeit bedeutet, eine Liste mit 42.500 Lautschrift-Zeichenfolgen (das entspricht etwa 550 Buchseiten Text) auch nur Korrektur zu lesen, wie es die entsprechenden Spezialisten bei Langenscheidt gemacht haben, ahnt man, was für ein Unterschied im Preis-/Leistungs-Verhältnis zwischen dem Langenscheidt-Produkt besteht und, sagen wir, einem Programm wie Phase6, das zum selben Preis wirklich Null komma Null Inhalte liefert: Keine Vokabeln, kein Wörterbuch, keine Vertonungen, keine Lautschrift, keine Spracherkennung, keine Download-Möglichkeit ...


> Was für einen Unterschied macht es, wenn man zu beginn einer Lektion statt "engliche Spracherkennung" "amerikanisch" auswählt?

Für die Sprachausgabe keinen - es werden dieselben Vertonungen verwendet; der Spracherkenner dagegen erwartet bei Wörtern, die im britischen Englisch anders ausgesprochen werden als im amerikanischen Englisch, eben die amerikanischen Lautfolgen (z.B. [ai kä:nt] statt [ai ka:nt] für "I can't" - Anm.: Im Programm wird natürlich die "richtige" internationale Lautschrift verwendet und angezeigt, nicht das, was ich hier gerade tippe). Die Unterschiede zwischen britischer und amerikanischer Aussprache betreffen etwa 55% der Wörter, sind meistens aber geringfügig (minimal anders gefärbte Vokale etc.).


> Warum verändert sich manchmal die Lautschrift?

Das sind dann Fälle, in denen man ein Wort auf verschiedene Arten aussprechen kann. Oft sind das nur kleine Abweichungen (z.B. [ßanndäi] oder [ßanndi] für "Sunday"), aber der Vokabeltrainer übergibt dem Spracherkenner beide Varianten, und der Spracherkenner entscheidet dann, welche der beiden Varianten er in Ihrer Aufnahme eher "gehört" hat. Letztlich übrigens dasselbe wie beim Einsatz der Spracherkennung im Trainingstyp "Multiple Choice": Der Spracherkenner erhält verschiedene Varianten (die unterschiedlichen richtigen und falschen Antwortmöglichkeiten) und ermittelt, welche davon am Ehesten mit dem Gesprochenen übereinstimmt. Dann gibt es noch eine "garbage"-Variante, die zurückgegeben wird, wenn keine Variante so richtig passt. Oder der Anwender spricht mehrere der Antwortalternativen, dann muss der Vokabeltrainer ihn darauf hinweisen, dass er sich für eine Antwort entscheiden muss.


> Warum wird auch ein richtig schlecht ausgesprochener Satz/Wort nicht angezeigt?

Das liegt daran, dass der Spracherkenner streng genommen keine "Erkennung" durchführt (wie bei einer Diktiersoftware), sondern lediglich einen "Vergleich", also auf die Frage antwortet: Wie gut stimmt diese Aufnahme mit der erwarteten Lösungs-Lautfolge überein? Wenn die Übereinstimmung zu gering ist, wäre es unsinnig, die erwartete Lautfolge anzuzeigen.

Ich hoffe, damit sind einige Fragen etwas erklärt ...

Viele Grüße
Jörg-Michael Grassau

Hallo,

freut mich, wenn meine Zeilen zur Klärung beigetragen haben!

> Grund ... , dass meine Wörter im Satzzusammenhang anders bewertet werden als isoliert?

Das liegt wohl an der Konfiguration des Spracherkenners - soweit ich weiß, ist die Erkennung von einzelnen Konsonanten für einen Computer sehr schwierig, weil Konsonanten (zumal Explosivlaute) nur sehr kurz dauern und daher schwer zu identifizieren sind. Bei einem einzelnen, kurzen Wort fällt das dann wahrscheinlich noch mehr ins Gewicht als bei einer längeren Passage. Genaueres müsste Ihnen aber eher der Hersteller der Spracherkennung erklären.

> Lautschrift ... diese beiden Symbole gibt es bei mir gar nicht

Ja, sie werden nur eingeblendet, wenn der Vokabeltrainer feststellt, dass die entsprechende "Sprachunterstützung" installiert ist - sonst hätten wir Hunderte Beschwerden bekommen, dass auf dem Bildschirm kryptische Zeichen dargestellt werden Bei der Vokabeltrainer-Installation lässt sich diese Unterstützung leider nicht einfach so aktivieren, jedenfalls wüsste ich nicht, wie das gehen sollte.

> Das ist dann aber ... die "richtige" Lautschrift, die man auch sonst in Lexika findet, oder?

Genau die (auch wenn sie nicht ganz so schön aussieht wie in den Lexika, weil der Zeichensatz Arial, der dort verwendet wird, merkwürdigerweise bei diesen Zeichen in sich nicht stimmig ist - einige sind viel zu dürr und passen nicht zu den normalen Buchstaben). Das über den Sprachaufnahmen ist hingegen natürlich keine wirkliche Lautschrift, reicht aber m.E. um zu verstehen, welcher der gesprochenen Laute gerade gemeint ist - und das lässt sich dann auch ohne besondere Sprachunterstützung anzeigen ...

> Was bedeutet dort die Sprachauswahl im Pulldown-Menü?

In "Einstellungen - Optionen - Funktionen - Spracherkennung"? Sie können die Einstellungen "Ablehnen einer Aufnahme bis x%" und "Aufnahme als richtig betrachten ab y%" für jede Sprache gesondert vornehmen. Da ich diese Steuerelemente aber nicht sechsmal auf den Bildschirm setzen wollte, muss man erst auswählen, für welche Sprache man die Einstellungen machen will und dann lassen sich die Zahlen einstellen. Wenn Sie den Wert "Ablehnen einer Aufnahme ..." niedriger stellen, sollten übrigens auch einzelne Wörter häufiger akzeptiert werden.

> Wäre es nicht möglich, die Musik bei der Verwendung der Spracherkennung gleich zu deaktivieren

Danke, guter Hinweis. Ich habe jetzt unter "Einstellungen - Optionen - Musik - Musik spielen" die Einstellung "Lautstärke während Spracherkenner-Aufnahmen: [0-100]%" ergänzt. Damit können Sie die Lautstärke (ab dem nächsten Update) während der Spracherkennung etwas absenken bzw. auch ganz abschalten. Voreinstellung ist 50%. Der Wert wird für die Kalibrierung und für die Spracherkennung während der Lektion gleichermaßen verwendet, weil der Sinn der Kalibrierung ja gerade ist, den Unterschied zwischen Sprechlautstärke und Hintergrundgeräusch zu messen.

Viele Grüße
Jörg-Michael Grassau